INSTITUT FÜR RELIGIONSWISSENSCHAFT Leitbilder

Religionswissenschaft am Institut für Religionswissenschaft in Heidelberg

Am Institut für Religionswissenschaft der Universität Heidelberg werden sowohl die Religionsgeschichte als auch aktuelle Entwicklungen im Bereich der Religionen in Lehre und Forschung behandelt. Die Ansätze sind einer kulturwissenschaftlichen Perspektive verpflichtet; diese betrachtet religiöse Vorstellungen, Praktiken und Materialitäten als geschichtlich gewachsene Produkte, die es in ihrem jeweiligen geschichtlichen, kulturellen und gesellschaftlichen Kontext zu erfassen gilt. Fragen der allgemeinen Religionsgeschichte und einzelne religionshistorische Epochen und Regionen werden ebenso wie gegenwärtige religiöse Entwicklungen gleichermaßen in Forschung und Lehre berücksichtigt. 

Als historisch gewachsene Formationen stehen religiöse Vorstellungen, Praktiken und Materialitäten in enger Wechselbeziehung zu den Zuschreibungen, die über sie von Apologeten, Religionskritikern oder Religionswissenschaftlern selbst gemacht werden, die im weitesten Sinne die Disziplingeschichte des Faches konstituieren. Daher gehören die Anfänge und die Geschichte und Gegenwart der Reflexion über „Religion“ und die Geschichte der Disziplin der Religionswissenschaft zu den Ausbildungs- und Lehrinhalten der Religionswissenschaft in Heidelberg. Weitere wichtige Bereiche stellen die Religionsgeschichte und gegenwärtige religiöse Entwicklungen sowie die Theorien der Religionsforschung als analytische Instrumente dar. Die theoretischen Ansätze der Religionswissenschaft zum Umgang mit dem Begriff der „Religion“ erstrecken sich über eine große Bandbreite: Sie reichen von Ansätzen, die von der Notwendigkeit einer heuristischen (d.h. "vorläufigen") Bestimmung des Begriffs der „Religion“ ausgehen (siehe dazu Ansätze der Religionswissenschaft in Heidelberg), bis hin zu Ansätzen, welche die Möglichkeit einer Definition von „Religion“ ablehnen und bewusst und produktiv mit einem diskursiven (d.h. „sich stetig in Verhandlung befindlichen“ Ansatz arbeiten). Neben diesen allgemeinen Diskursen über die Religionsforschung werden am Institut für Religionswissenschaft in Heidelberg im Bereich der Theorie insbesondere folgende Zugänge berücksichtigt: Überlegungen zur Individualisierung von "Religion", Ritualtheorien, praxeologische Ansätze und Ritualtheorie, das Feld der Material Religion, das sich mit den Materialitäten, Ästhetiken und Designs von Religionen beschäftigt, sowie Reflektionen über die Auswirkungen der Medialisierung der Gesellschaft. Angestrebt wird, dass die Absolventen und Absolventinnen der Religionswissenschaft in Heidelberg kompetent und souverän mit der Breite dieser Ansätze umzugehen lernen.

Religionsgeschichtliche und religionsgegenwärtige Schwerpunkte liegen am Institut für Religionswissenschaft in Heidelberg auf dem Zoroastrismus, historischen und gegenwärtigen Entwicklungen in Europa, Japan und den USA, den Transformationen des Buddhismus sowie religionsanalogen Entwicklungen im Bereich von Populärkultur und Marketing (siehe dazu Forschungsschwerpunkte des Instituts für Religionswissenschaft an der Universität Heidelberg). Hierzu und zu weiteren regionalen und inhaltlich verwandten Themen werden im Rahmen des Angebots des Instituts für Religionswissenschaft regelmäßig Lehrveranstaltungen angeboten. Darüber hinaus haben Studierende die Auswahl der breiten Palette des interdisziplinären Lehrangebots der Religionswissenschaft; die hier angesiedelte Vielfalt von Lehrveranstaltungen benachbarter Fächer erlaubt den Erwerb von Kenntnissen über regionale, zeitliche und theoretische Felder der Religionsforschung, die nicht zu den Schwerpunkten der Lehrenden und Forschenden am Institut für Religionswissenschaft gehören. Hierzu zählen auch die Lehrveranstaltungen der Dozierenden, die im Rahmen unterschiedlicher Forschungsverbünde und Forschungsprojekte Lehrveranstaltungen zu innovativen und zukunftsweisenden Themen auf dem Gebiet der Religion anbieten. Basierend auf dem breiten Angebot regional- und religionsspezifischer Veranstaltungen, einer breiten Palette unterschiedlicher theoretischer Ansätze sowie den Möglichkeiten, sprachliche und methodische Kompetenzen zu erwerben, erlaubt das Studium der Religionswissenschaft sowohl im BA als auch im MA den Erwerb allgemeiner Kenntnisse über Religionen und den Möglichkeiten ihrer Erforschung ebenso wie eigene Interessen zu vertiefen und individuelle Schwerpunkte zu setzen. 

Inken Prohl (2019)

Geschichte des Fachs Religionswissenschaft in Heidelberg

Historische Wurzeln

Das Fach Religionswissenschaft wurde an der Universität Heidelberg 1967 mit der Berufung von Günter Lanczkowski (1917-1993) als zunächst außerplanmäßiger und dann ab 1978 als ordentlicher Professor auf den Lehrstuhl für Religionsgeschichte an der damaligen Philosophischen bzw. späteren Philosophisch-Historischen Fakultät gegründet. Nach der Emeritierung Lanczkowskis im Jahr 1982 wurde die Professur jedoch nicht wieder besetzt.

Dass das Fach Religionswissenschaft in der durch diese Lehrstuhlvakanz entstandenen schwierigen Situation überhaupt weitergeführt werden konnte - wenn auch nur als Nebenfach - geht auf eine Initiative des Ägyptologen Jan Assmann und des evangelischen Theologen Theo Sundermeier zurück. Sundermeier hatte bis zum Jahr 2000 die Professur für Religions- und Missionswissenschaft an der Theologischen Fakultät inne. Beide Professoren hatten auch maßgeblichen Anteil daran, dass der Lehrstuhl für Religionswissenschaft in den 1990er Jahren wiederbesetzt und das Fach damit neu etabliert werden konnte.

Religionswissenschaft in Heidelberg heute

Zwei Jahre nach der Berufung von Gregor Ahn im Jahr 1996 kam es 1998 zu einer Neugründung des Instituts für Religionswissenschaft im Rahmen der damaligen Fakultät für Orientalistik und Altertumswissenschaft, die wenige Jahre später mit der Philosophisch-Historischen Fakultät zu der heutigen Philosophischen Fakultät fusionierte. Der Studiengang Religionswissenschaft ist heute rein kulturwissenschaftlich ausgerichtet. Als interdisziplinärer Forschungs- und Lehrverbund ist die Heidelberger Religionswissenschaft das Ergebnis der Kooperation einer Vielzahl von geisteswissenschaftlichen, theologischen und verhaltenswissenschaftlichen Disziplinen sowie der Hochschule für Jüdische Studien. Dieses Konzept entwickelte sich zu einem Erfolgsmodell, das sowohl bei Studierenden als auch in der Öffentlichkeit auf breite Resonanz gestoßen ist.

Im Jahr 2004 wurde der Religions- und Missionswissenschaftler Michael Bergunder, der die Nachfolge von Theo Sundermeier an der Theologischen Fakultät angetreten hatte, in die Philosophische Fakultät kooptiert. Mit dieser intensivierten Kooperation konnte das Lehrangebot des Fachs Religionswissenschaft sowohl quantitativ als auch inhaltlich stark erweitert werden. Im Jahr 2006 konnte zusätzlich eine zweite religionswissenschaftliche Professur eingerichtet werden, auf die Inken Prohl berufen wurde.

Text von Gregor Ahn, Carina Branković und Simone Heidbrink, in: Branković, Carina/ Heidbrink, Simone/ Lagemann, Charlotte (Hgg.): Religion in Ex-Position. Eine religionswissenschaftliche Ausstellung, Begleitband zur Ausstellung, Universitätsmuseum Heidelberg, Kataloge 11, Heidelberg: heiBOOKS 22020, S. 202

 

Religion in Ex-Position